Die Welt aus der Sicht eines Golden Retrievers

Monatsarchiv: Juli 2016

Gina GrasSonnigen Tag!

Erinnert ihr euch an die „Muppet-Show“? Da gab es immer die Sketche mit Doktor Bob in der Tierklinik – „die Geschichte eines Quacksalbers, der vor die Hunde gegangen ist.“ Ich erwähne es, weil ich neulich selbst eine Tierklinik besuchen musste. Zum Glück hat es dort keine Quacksalber gegeben und vor die Hunde bin ich auch nicht gegangen. Was war passiert?

Nun, im Grunde ist die ganze Geschichte ein wenig peinlich. Aber ich erzähle sie trotzdem. An einem sonnigen Sonntag bin ich mit meinem Rudel im Taunus spazieren gegangen und habe „Kuh“ gespielt. Das heißt, ich habe soviel Gras gefressen bis ich kotzen musste. An sich nichts Besonderes. Doch leider ist ein Grashalm in meinem Hals, irgendwo rechts hinter den Mandeln, kleben geblieben. Ich habe gewürgt, gespuckt und gehustet – das Ding wollte einfach nicht raus! Die Geräusche, die ich dabei von mir gegeben habe, sind wahrlich nicht feierlich gewesen. Ich habe mich angehört wie ein Löwe mit akuter Bronchitis! Meinem Rudel standen die Haare zu Berge! So schnell wie möglich hat mich Herrchen in die Tierklinik nach Hofheim gefahren, um mich von dem Fremdkörper in meiner Kehle befreien zu lassen. Noch im Wartezimmer habe ich drei volle Schüsseln Wasser ausgesoffen, danach gekübelt wie ein Reiher – und „platsch“ ist ein harter Grasfaden rausgeflutscht. Endlich! Juhu! Mein Husten war wie weggeblasen. Patientin geheilt, kein Arzt nötig. Also ab ins Auto und nach Hause.

Weil ich später am Abend aber wieder ein bisschen gehüstelt habe, ist Herrchen doch noch mal mit mir in die Klinik gedüst (Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste). Während wir zwei bis drei Stunden auf den gestressten Doktor Bob gewartet haben, der mit fiebrigen Wauzis und Kätzchen alle Hände voll zu tun hatte, lösten sich bei mir alle Symptome wie von Zauberhand in Luft auf. Als eine nette Ärztin dann Zeit für mich hatte, wälzte ich mich gerade quietschvergnügt auf dem Fußboden herum. „Du siehst ganz schön krank aus“, meinte die Tante im weißen Kittel und lächelte. Trotzdem hat sie mich natürlich untersucht, kurz in meinen Hals geleuchtet und mir eine Arznei für meinen gereizten Rachen gegeben. „Schön, dass ich heute Abend auch mal einen gesunden Hund gesehen habe“, sagte Frau Doktor Bob zum Abschied. Mein Herrchen war beruhigt und ich konnte nach all der Aufregung friedlich im Körbchen schlummern.

Übrigens: Im Wartezimmer habe ich etwas Interessantes beobachtet. Da haben sich wildfremde Zweibeiner aus völlig unterschiedlichen „Milieus“ (so nennt man das, glaube ich) angeregt miteinander unterhalten. Warum? Weil sie sich alle Sorgen um ihre pelzigen Freunde gemacht haben und man Ängste besser verkraftet, wenn man mit anderen darüber redet. „No man is an Island – niemand ist eine Insel“, hat ein berühmter Mann namens John Donne einmal geschrieben. In der Tierklinik konnte ich mich davon überzeugen. Menschen und Hunde sind gar nicht so verschieden. Wir brauchen die Gemeinschaft des Rudels, das Miteinander, den Austausch. Keiner von uns ist gerne allein – und schon gar nicht von Natur aus bissig. Dazu werden wir erst gemacht, wenn der soziale Kontakt fehlt. Oder misslingt. Wäre es nicht herrlich, wenn das alle Menschen einsehen würden, ohne dass dafür erst jemand ins Gras beißen muss?

Bis demnächst

eure Gina